Achtung 
Der Präsident, der hier das Wort ergreift, hat diese Funktion zwar längst nicht mehr inne, aber der einzig richtige Bibliothekszustand, von dem er spricht, besteht noch immer… 

Bestellung 
– Gut, dass Sie gekommen sind, Herr Doktor, ich hatte befürchtet, Sie würden gar nicht auftauchen, weil ich Sie so kurzfristig hergebeten habe, das mögen die wenigsten, wenn sie überraschend wohin bestellt werden, die meisten ertragen das nicht, wenn sie unvorhergesehen wo auftauchen sollen, es gibt kaum welche, die schnell irgendwohin kommen, wenn man sie aus heiterem Himmel darum bittet, drum hatte ich befürchtet, Sie würden nicht kommen, Herr Doktor, da ich doch so kurzfristig danach gefragt habe, knurrte der Präsident.  

– Für Sie mag das Gespräch unerwartet kommen, Herr Doktor, für Sie mag es aussehen, wie ein Wolkenbruch aus heiterem Himmel, aber Sie wissen doch gar nicht, wie oft ich schon daran gedacht habe, dass ich mich in dieser Sache mit Ihnen besprechen sollte, bereits seit langer Zeit beschäftigt mich nämlich die Frage, mit wem ich mich in dieser Angelegenheit besprechen könnte, so eine delikate Sache lässt sich nicht mit jedem verhandeln, bei Gott, nicht jeder kann eine so heikle Angelegenheit begreifen, eine so raffinierte Geschichte, das ist ja keine Sache für jedermann, das muss ich doch voraus schicken, weil es handelt sich keineswegs um einen Sachverhalt für diesen oder Jedermann, nein Herr Doktor, nicht jedermann ist qualifiziert für dieses schwierige Thema, darum hab ich sie auch so überraschend hergebeten, knurrte der Präsident.  

– Sie werden das bestimmt verstehen, das liegt doch auf der Hand, dass gerade Sie das verstehen, Herr Doktor, zweifellos werden eben Sie das begreifen, schließlich haben Sie doch selbst gesagt, dass Ihnen eine Schule ohne Bibliothek vorkäme, wie ein Brot ohne Butter, nicht wahr, wie ein Witz ohne Pointe, wie ein Schuh ohne Bänder, wie eine Hose ohne Träger, wie eine Suppe ohne Salz, wie eine Schwalbe ohne Sommer, ja so ist es doch, eine Schule ohne Bücher, das ist doch eine zahnlose Farce, genau das ist es, das ist ein gelehrter Vorwand zur Verblödung, nichts weiter, das ist wie Geisteswissenschaft ohne Geist, oder Kunstwissenschaft ohne Kunst und ohne Wissenschaft, das ist ja gar keine Frage, Sie haben sich ja selbst in genau dieser Richtung geäußert, Herr Doktor, darum habe ich Sie doch herbestellt, denn gerade Sie werden das erfassen, ohne jeden Zweifel, knurrte der Präsident. 

– Eine Bibliothek an einer Schule, ja, so eine Sache wäre schnell auf die Beine gestellt, nicht wahr, das meinten Sie doch, Herr Doktor, eine Schulbibliothek, das sei keine große Geschichte, so dachten Sie doch, eine schulische Ansammlung von Büchern, das sei doch eine Angelegenheit ganz ohne größere Schwierigkeiten, so eine Affäre sei doch im Nu erledigt, fast ohne Kraftanstrengung wäre so was zu bewerkstelligen, na was denn, das könnte doch überaus rasch in die Wege geleitet werden, ohne größere Schwierigkeiten, so urteilten Sie doch, Herr Doktor, nicht wahr, das bringe doch nun wahrlich keine Probleme mit sich, gewiss nicht, so sagten sie doch, knurrte der Präsident. 

– Eine Schulbibliothek sei flugs organisiert, ja sicherlich, das schlugen Sie doch selbst vor, Herr Doktor, man müsse nur die Studierenden verpflichten, einmal in der Woche ein Buch zu katalogisieren, so ginge das, die Geschichte wäre im Handumdrehen erledigt, jede Woche ein Buch in die Hand nehmen, na was denn, das sei doch nicht zu viel verlangt für junge Leute, freilich von jungen Leuten dürfe man nicht zu viel verlangen, sie wären ja freiwillig in dieser Bildungsinstitution, aber das dürfe doch kein Problem sein, man könne sie doch zu einem Buch verpflichten, stellen Sie sich vor, ein Buch in der Woche, nichts weiter, das sei doch keine Zumutung, da bekomme doch niemand einen Schweißausbruch davon, aber was denn, und bei so und so vielen Studierenden mache das so und so viele Wochen, ein, zwei Semester und so eine Bibliothek wäre eingerichtet, das ließe sich doch im Nu besorgen, nicht wahr, eine Schulbibliothek, das sei doch kein Problem, sondern in Windeseile geregelt, so rechneten Sie sich das aus, Herr Doktor, dann kämen die Studierenden auch endlich zum Lesen, knurrte der Präsident. 

– Das richtige Lesen, das ist doch ein Abenteuer im Kopf, nicht wahr, Herr Doktor, das haben Sie selbst doch auch so oder so ähnlich festgestellt, ein Abenteuer im Kopf ist das richtige Lesen, ein Wagnis, das sich in der Vorstellung abspielt, ja, das heißt wahrlich Lesen, sich zu riskieren, das ist die richtige Lektüre, bei der man sich aufs Spiel setzt, das heißt Lesen, sich allen erdenklichen Gefahren auszusetzen, im Kopf natürlich, dort werden die Kämpfe beim Lesen ausgefochten, dort findet die Erfahrung in der Lektüre statt, im Lesen kann man gefährlich reisen, eine Aventüre ist die Lektüre eigentlich und man benutzt den Kopf dazu, so ist das doch, Herr Doktor, sie selbst haben das bereits so oder ähnlich formuliert, knurrte der Präsident. 

– Das richtige Lesen regt die Vorstellungskraft an, ja, stellen Sie sich das vor, Herr Doktor, die Vorstellungskraft, das ist doch die Quelle von Wagnis und Risiko, aber nicht nur das, die Vorstellungskraft, das ist doch die wahrhafte Möglichkeit der Erkenntnis, oder wie stellen Sie sich das vor, wie sollte man denn je etwas erkennen, das man sich nicht vorstellen kann, das ist doch ein Widerspruch, das ist ja gar nicht möglich, es geht doch darum, dass man sich etwas vorstellen können muss, damit man es auch erkennen kann, nein, es gibt doch gar keine Erkenntnis ohne eine Vorstellung, so ist das doch, es ist doch gänzlich unvorstellbar, dass man etwas weiß, und es sich doch nicht vorstellen kann, dann weiß man’s doch gar nicht, nicht wahr, und darum ist das so wichtig, die Vorstellungskraft und die wird beim Lesen angeregt, stellen Sie sich das vor, Herr Doktor, das muss man sich vorstellen können, sonst weiß man doch gar nicht, was lesen heißt, nicht wahr, knurrte der Präsident. 

– Und deshalb existieren die wirklich interessanten Texte im Kopf, so ist es doch, Herr Doktor, die tatsächlich relevanten Bücher diktiert doch die Vorstellungskraft, nicht wahr, eine richtige Bibliothek ist unsichtbar, verstehen Sie doch endlich, nur eine virtuelle Bibliothek ist eine tatsächliche Bibliothek, das ist der Gipfel der Vorstellungskraft, begreifen Sie das, die wahrhafte Bibliothek, die existiert doch einzig und allein im Kopf, so ist es doch, nur ein vorgestelltes Buch ist unergründlich, keine Frage, nur eine nicht existierende Bibliothek ist unendlich, selbstverständlich, darum geht es doch, alles andere bleibt doch auf halbem Weg stecken, Herr Doktor, reißen Sie sich zusammen, lassen Sie uns Nägel mit Köpfen machen, knurrte der Präsident. 

– Das muss doch mal klar gesagt werden, nicht wahr, klipp und klar muss das einmal ausgesprochen werden, Herr Doktor, aus diesen Gründen werden hier jedes Jahr erneut Studierende ausgebildet, um nur ja keine Bibliothek zu machen, nur in einer nicht existenten Bibliothek kann man unendlich lesen, haben Sie das jetzt begriffen, Herr Doktor, das ist ein Bildungsauftrag, sehen Sie das ein, haben Sie das endlich erkannt, ja, was ist denn plötzlich mit Ihnen, knurrte der Präsident.  

von Tom Waibel

Einforderung der Studierenden der Wiener Kunstschule an die Direktion

Diese Einforderung dient zur Optimierung der Räumlichkeiten und der Infrastruktur der Wiener Kunstschule, sowie zu Verbesserung der Kommunikation zwischen den Studierenden/Lehrenden.

1. Eine Bibliothek in der Apotheke in Form von einem Regal oder Wandverbau, die es erlaubt Bücher zum Thema “Kunst” und alles was dazu passen würde, zu spenden und diese auch auszuleihen

2. Geregelte Öffnungszeiten die es erlauben, sich in einem bestimmten Bereich aufzuhalten, falls parallel unterrichtet wird oder falls kein Unterricht stattfindet um einen Arbeitsplatz für Studierende zu schaffen an welchem sie an ihren Werken arbeiten können.

Argumente zu Punkt 1:
Eine wachsende Bibliothek mit unterteilten Kategorien für die verschiedenen Disziplinen, dient nicht nur zu Lehrzwecken oder zum Nachschlagen, sondern bietet auch die Möglichkeit die Arbeiten der Studierenden mit einem theoretischen Teil zu verstärken. Zudem kann ein Sammlung aufgebaut werden, welche als weiteres Lehrmittel für den Unterricht verwendet werden kann.

Argumente zu Punkt 2:
Die Überbrückung mehrerer Unterrichtsfächer stellt sich manchmal als sehr mühsam und problematisch für Studierende heraus. Man kann mit fixen Öffnungszeiten Stunden besser vorbereiten und sich derweil auch in der Kunstschule aufhalten. Die Studierenden haben keine Plattform sich außerhalb des Unterrichts zu vernetzen und es gibt auch keinen Ort das in den Räumlichkeiten der Kunstschule zu tun. Das Problem mit der Schlüsselvergabe wird dadurch auch vereinfacht.Unterschriften wurden gesammelt und alle Studierenden die unterzeichnet haben stimmen den genannten Einforderungen zu.

Kontaktperson und Verfasser: Kenan Sutkovic, Student im 6. Semester